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AutorenbildSibylle Lagler

Was hält dich, wenn es keinen Halt mehr gibt?

Was hält dich, in Situationen des Lebens, wo plötzlich alles anders ist, alles auf dem Kopf steht, nichts mehr gilt was bisher war, wo sogenannt höhere Mächte im Spiel sind? Und was ist es denn jetzt, ein Unfall, Zufall, ein Schicksalsschlag, Karma, Schuld oder einfach nur Pech oder kein Glück?

Es liegt in der Natur von uns Menschen, dass wir Antworten suchen, auch dort wo es keine gibt.

Drei Tage vor der geplanten Entfernung von zwei Platten und etlichen Schrauben in meinem Unterschenkel, den ich mir vor einem Jahr gebrochen habe, bricht nun mein Oberschenkel am selben Bein. Anstelle von Titan raus, noch eine grössere, schwerere OP und noch mehr Titan rein - was für ein Schlag oder eben Bruch!

Die Knochensubstanz sei schlecht, sagt man mir nachher, sehr brüchig und schwierig zu fixieren. Ein Jahr lang habe ich alles getan um den Knochen aufzubauen, das Bein zu stärken, die Beweglichkeit und Heilung zu fördern. Das Knie hat sich so gut angefühlt und ich freute mich so auf den Abschluss.

Und drei Sekunden später - was trägt mich noch - jetzt wo ich nochmals ganz von vorne Anfange, im Moment grad alles in Frage stelle, keine Orientierung mehr habe, alle Sicherheit verloren scheint. Kann ich meinem Körper wieder vertrauen, dem Leben, dem Schicksal?

Gebrochen, verletzt, wund, roh und zutiefst verunsichert bin ich an einem Tiefpunkt angelangt, was macht noch Sinn? Wie finde ich wieder eine relative Sicherheit in dieser zutiefst unsicheren Welt? Was will dieses, meine Leben mit mir? Was macht mich in der Essenz aus auch ohne den starken gesunden Körper? Trauer, Schmerz, Tränen, Sinnkrise, Momente des relativen okay seins, grosse Dankbarkeit für die liebevolle Unterstützung die ich bekomme, alles in schnellem Wechsel da. Was trägt mich jetzt noch?

Besonders mein grosses Netz an Herz-Menschen und ein inneres Wissen, dass ganz unten angekommen, es nur noch nach oben gehen kann – Wenn es dann Zeit ist.

 

Zärtliche Nacht

 

Es kommt die Nacht

Da liebst du

Nicht was schön-

Was hässlich ist

Nicht was steigt-

Was schon fallen muss

Nicht wo du helfen kannst-

Wo du hilflos bist

Es ist eine zärtliche Nacht-

Die Nacht da du Liebst

Was Liebe nicht retten kann.

Hilde Domin



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